Das Problem heißt rechter Terror

Wir teilen die Mitteilung des Bundesvorstandes der SJD – Die Falken zum Mord an zwei Menschen in Halle am 9. Oktober 2019:

Der Mord an zwei Menschen in Halle am Tag des jüdischen Versöhnungsfestes Jom Kippur hat tiefe internationale Betroffenheit ausgelöst. Auch wir sind in Gedanken bei den Hinterbliebenen der Opfer und jenen Menschen, die durch die abscheuliche Tat traumatisiert zurückgelassen wurden.

Dabei stellt diese Tat leider nur das jüngste Ereignis in der Geschichte des neuen rechten Terrors in Deutschland dar. Nach der Mordserie des NSU, unzähligen Anschlägen und Überfällen auf Geflüchtetenunterkünfte und linke Einrichtungen, sowie dem Mord an Walter Lübcke, hatte es der Täter diesmal auf die Menschen in der Synagoge der Stadt Halle abgesehen. Nachdem er es nicht schaffte dort einzudringen, visierte er als nächstes Anschlagsziel einen Dönerimbiss an.

Aus seiner nationalsozialistischen und antisemitischen Ideologie macht der Täter keinen Hehl. Aus den mutmaßlich von ihm verfassten Dokumenten, die im Netz kursieren, geht hervor, dass er zunächst eine Moschee oder ein linkes Zentrum angreifen wollte, sich schließlich aber für die Synagoge entschieden habe. Jüd*innen seien schuld am Feminismus, der wiederum zu weniger Geburten und damit zur Masseneinwanderung führe. Er habe deshalb soviele Jüd*innen wie möglich ermorden wollen. In der Live-Übertragung seiner Tat leugnete er zudem den Holocaust.

Diese Verknüpfung aus antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Ressentiments ist nicht neu. Sie finden sich ebenso beim norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik, der 2011 77 Menschen ermordete, sowie bei Brenton Tarrant, der im März diesen Jahres 51 Menschen im neuseeländischen Christchurch tötete.

Es ist gerade zu diesem Zeitpunkt wichtig, den Kern dieser Taten klar zu benennen: Rassistische und antisemitische Weltanschauungen müssen unmissverständlich als Ursache dieses und aller anderen Gewaltverbrechen des neuen rechten Terrors verstanden und bekämpft werden. Wer an dieser Stelle lediglich von einem Einzeltäter spricht, verkennt die Realität der zunehmenden rechten Radikalisierung der Gesellschaft in allen Schichten. Rechte Terrorist*innen vernetzen sich heute über antifeministische Internetforen und rechtsradikale Facebook-Gruppen bis hin zur Bildung von Seilschaften innerhalb von Polizei und Bundeswehr, wie es zuletzt am Beispiel des Hannibal-Netzwerks deutlich wurde.

Der Terroranschlag von Halle zeigt einmal mehr, dass rassistische und antisemitische Weltanschauungen keine legitimen Meinungen in einem offenen und demokratischen politischen Diskurs sein können. Sie tragen einen Vernichtungswillen in sich, der politisch mit aller Konsequenz bekämpft werden muss. Dafür braucht es mehr antifaschistisches Engagement in den Nachbarschaften, Schulen und Betrieben und mehr Zivilcourage. Gerade jetzt benötigt es dafür mehr öffentliche Förderung für antifaschistische und antirassistische Projekte. Vor allem braucht es nun aber endlich den politischen Willen der staatlichen Stellen, rechte Straf- und Gewalttaten konsequent und mit allen Mitteln zu verfolgen und zu bekämpfen.

Stehen wir zusammen im Kampf gegen Faschismus, Rassismus und Antisemitismus.

In Solidarität mit den Hinterbliebenen der Opfer von Halle und allen Menschen, die von Rassismus und Antisemitismus bedroht sind:

¡No pasarán!

Wir Falken haben auf unserer diesjährigen Bundeskonferenz beschlossen, ein Projekt zur Auseinandersetzung mit dem neuen rechten Terror und der Gedenkkultur für die Opfer und Hinterbliebenen zu starten. Alle interessierten Menschen sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.